Was haben zwei Häuser in Prenzlauer Berg – Schönhauser Allee 69 und das Eckhaus Buchholzer Str 5/5A / Greifenhagener Str. 5  gemeinsam? Beide Häuser liegen im Sozialen Erhaltungsgebiet Helmholtzplatz, in beiden Häusern fürchten die Mieter_innen Verdrängung durch Modernisierung und die darauf folgenden exorbitanten Mietsteigerungen, und nicht zuletzt gehören die Eigentümergesellschaften beider Häuser zum Firmengeflecht eines gewissen Itai Amir.

Seit Anfang des Jahres rücken diese Häuser immer mehr in den Fokus der Pankower Bezirkspolitik. Jeweils eine Kleine Anfrage pro Haus stellte der Bezirksverordnete Bordfeld (DIE LINKE) beim Bezirksamt Pankow. Die Antworten des Amtes sind besorgniserregend. Denn für beide Häuser wurden umfassende Modernisierungsmaßnahmen beantragt und genehmigt: Der Anbau von Aufzugsanlagen und Balkonen, die Neuerrichtung eines Wohnatelier- und eines Gartenhauses in den Höfen etc. etc.

Hier geht es zum Download  der Kleinen Anfragen: Schönhauser Alle 69 und Buchholzer Str 5/5A / Greifenhagener Str. 5.

Besonders bitter für die Mieter_innen dieser Häuser ist der Umstand, dass sie die Modernisierungsankündigungen im Dezember 2018 erhielten, also wenige Tage vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsanpassungsgesetzes (MietAnpG). Somit versucht der Vermieter, sich noch die Möglichkeit der 11% Modernisierungsumlage zu sichern – ab 2019 sind nur noch höchstens 8% zulässig. Das werden die Mieter_innen jedoch nicht ohne Widerstand hinnehmen.

Aber damit nicht genug. Auf die Frage des Bezirksverordneten Bordfeld (DIE LINKE), wie das Bezirksamt die Diskrepanz zwischen dem Mietniveau, welches nach der Modernisierung erreicht wird, und dem Niveau, das der Mietspiegel vorgibt, beurteilt, antwortet der BzStR Kuhn: „Eine Kappung der Miethöhe nach Modernisierung durch die ortsübliche Vergleichsmiete, die in Berlin vom Berliner Mietspiegel abgebildet wird, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht vorgesehen. Daher können Mieten nach Modernisierung die Werte des Berliner Mietspiegels erheblich überschreiten.“ Auch die voraussichtlichen Auswirkungen auf das Ziel des Erhalts der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, §172 BauGB, sind katastrophal: „Die Bestimmungen zu den sozialen Erhaltungsgebieten sind als städtebauliches Instrument zu verstehen, das formal vom Mietrecht strikt zu trennen ist. Es geht somit allein um die Genehmigung oder Versagung bestimmter Baumaßnahmen. Das Bezirksamt Pankow wird insbesondere durch die gesetzliche Vorschrift eingeschränkt, dass Maßnahmen, die der „Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen“ dienen, zu genehmigen sind.“ – so der BzStR Kuhn. Das ist schlicht die Rechtslage. Allerdings ziehen wir in Zweifel, dass die Behörde diese streng auslegt.

Also sind die Mieter_innen beider Häuser auf sich allein gestellt? Müssen sie jetzt langwierige zivilrechtliche Prozesse führen, langjährige Baumaßnahmen ertragen und am Ende womöglich ihre Wohnungen verlieren, da sie die exorbitanten Mietsteigerungen nach Modernisierung nicht tragen können?

Und was sagt das Bezirksamt Pankow dazu?

„Die Diskussion darüber, welche Maßnahmen über zeitgemäßen Zustand hinausgehen und somit versagt werden können, spiegelt sich in den bezirklichen Genehmigungskriterien wider.“ – antwortet der Bezirksstadtrat Kuhn. Wir haben im August 2018 die neuen Pankower Prüfkriterien analysiert und darüber berichtet. Aus unserer Sicht sind die Kriterien nicht restriktiv genug, sie werden in der Praxis nicht konsequent angewandt und bieten viele Schlupflöcher für Entmieter, Spekulanten und Umwandler.

Apropos Umwandlung: Für beide Häuser wurde eine Abgeschlossenheitsbescheinigung vom Vermieter beantragt und vom Bezirksamt Pankow genehmigt. Womöglich hofft Herr Amir, die Wohnungen in Eigentum umwandeln (obwohl die Umwandlung in Milieuschutzgebieten eigentlich untersagt ist) und, nachdem er die Mieter_innen losgeworden ist, die Eigentumswohnungen an Dritte zu veräußern. Die neusten Beispiele zeigen deutlich auf, dass eine breite, öffentliche und transparente Diskussion über die bezirklichen Genehmigungskriterien und ihre Anwendung erneut geführt werden muss, damit solche Instrumente wie der „Milieuschutz“ wirklich wirksam eingesetzt werden.

Kurz vor der Veröffentlichung dieses Textes erreichte uns eine erschütternde Nachricht aus dem Haus Schönhaser Allee 69: Nachdem die Hausverwaltung (WHV) den Mieter_innen der Schönhauser Allee 69 angekündigt hatte, dass 2 Bäume, die auf einer Mauer wuchsen, aus versicherungstechnischen Gründen gefällt werden sollen, kamen am 29. Juli 2019 die Holzfäller und holzten 12 Bäume und sämtliche Sträucher ab.
Die Begründung: Es sollen Gerüste aufgebaut werden, da würden die Bäume stören.
Das Stadtentwicklungsamt Pankow bemerkte allerdings, dass es aktuell weder Anträge noch Genehmigungen für Gerüste in der Schönhauser Allee 69 gibt. Außerdem herrscht ein kompletter Baustopp für Vorder- und Hinterhaus in der Schönhauser 69.

Wir solidarisieren uns mit den betroffenen Mieter_innen und rufen alle zuständigen Ämter, Behörden und Mandatsträger auf, alles zu unternehmen, um die Verdrängung in der Schönhauser Allee 69 und Buchholzer Str 5/5A / Greifenhagener Str. 5 zu stoppen!