Am 25. Januar 2015 war die Sensation fast perfekt. Zum ersten Mal hat ein deutsches Gericht den Mieter*innen das grundlegende Recht  zugesprochen, nur solche energetische Maßnahmen dulden zu müssen, die dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechen. Aber, die landeseigene GESOBAU AG wollte dies nicht hinnehmen, ging in Berufung, mit dem Ergebnis, dass mehr als 5 Jahre und zwei teure Sachverständigengutachten später am 24. März 2020, das für die Mieter*innen so hoffnungsvolle „Pankower Urteil“ durch das Landgericht Berlin gekippt wurde. Die Rechtsprechung zum Mietrecht ist ständig im Fluss, leider oft nur in eine Richtung.  Zu dem Urteil des Landgerichts Berlin äußerte sich Carola Handwerg, Mietrechtsanwältin und Prozessbevollmächtigte der Beklagten, also, der Mieter*innen, gegenüber dem Mieterforum Pankow:

„Das Urteil ist äußerst dürftig begründet. Es setzt sich weder mit dem Urteil des Amtsgerichts, hier mit dem Argument der Unwirtschaftlichkeit der Wärmedämmung, noch mit unseren Argumenten, die wegen der detaillierten Auseinandersetzungen mit den kritischen Stimmen gegenüber herrschenden Auffassung, Wärmebedarfsberechnungen allein anhand von umstrittenen Wärmedurchgangskoeffizienten durchzuführen  immerhin einen dicken Ordner füllen, auseinander. Auch die Erkenntnis aus den vorgelegten Heizkostenabrechnungen des sanierten Gebäudeteils, dass demgegenüber in dem unsanierten Teil keine höheren Energieverbräuche bzgl. der Heizung vorliegen, werden ignoriert. Das Gericht hat in wenigen Sätzen die Erkenntnisse der Gutachter, die anhand von Computermodellen die Einsparung des Energiebedarfes festgestellt haben, übernommen. Auch die eigene Fragestellung des Gerichts, ob eine Fassadendämmung überhaupt nach ENEV gesetzlich vorgeschrieben wäre – die der Gutachter klar mit nein beantwortet hat – wird in dem Urteil nicht aufgegriffen. Das ist für meine Mandanten besonders bitter, weil sie so unglaublich viel Energie und Aufwand in diesen Prozess gesteckt haben.“

In der folgenden Tabelle haben wir Urteile von 2015 und 2020 miteinander verglichen. Ihr könnt Euch selbst ein Bild davon machen, wie unterschiedlich die Rechtsprechung in einer und derselben Sache sein kann. Die Vergleichstabelle ist hier.

Wir solidarisieren uns mit den betroffenen Mieter*innen und rufen alle Mieter*innen auf das Gleiche zu tun. Die energetische Sanierung ist das Einfallstor für Mieterhöhungen, sie ist gut für die Eigentümer*innen, aber nicht für die Mieter*innen und nicht für die Umwelt. Wir fordern die GESOBAU auf, sich einer Evaluierung der sog. energetischen Modernisierungsmaßnahmen zu beteiligen. Dafür würde sich das ehemalige Pilotprojekt Pestalozzistr. 4 wunderbar eignen.

PS: Nicht alle landeseigenen Wohnungsbauunternehmen handeln so wie die GESOABU. Die Gewobag, beispielsweise, hat am 16.06.2016 im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens einen Antrag auf Befreiung gem. § 25 EnEV gestellt. Zu der Einsicht kam die Gewobag nicht alleine, sondern durch den hartnäckigen Widerstand der Mieter*innen der Knaackstr. 60 – 68. Aber, offenbar hat die Gewobag mehr von der sozialen Verantwortung als die GESOBAU, in deren Namen das Wort „sozial“ ganz tief verborgen ist und schlummert.