Wohnungspolitische Überlastungsanzeige des Bauamtes Pankow

Anfang April verkündete das BA Pankow, dass man zwei Wohnhäuser auf dem Wege des Vorkaufsrechtes zu Gunsten Dritter erworben hätte. Das kam doch sehr überraschend, weil das Stadtentwicklungsamt Pankow bei der Ausübung des Vorkaufsrechts bislang eher durch „Zurückhaltung“ aufgefallen ist. Obgleich Bezirk ein Hotspot des Immobilienhandel ist, muss sich Baustadtrat Kuhn (B90/Grüne) vorhalten lassen, dass sein Amt im Vergleich zu anderen Bezirken bei der Durchführung der Verkaufsrechtsverfahren die erforderlich Zielstrebigkeit vermissen lässt. Nicht nur die geringe Zahl der Vorkäufe und die zu weichen Abwendungsvereinbarungen sondern auch die Tatsache, dass es in vielen Fällen nicht mal die gibt, stehen in der Kritik.

„Vorkauf in Pankow wegen Personalmangel gescheitert“

so titelte im März ein Beitrag in der Berliner Morgenpost. Er war offenbar durch die Beantwortung einer Kleinen Anfrage des Bezirksverordneten Marc Lenkeit (SPD) unter dem Betreff Prenzlauer Allee 43 ausgelöst worden. In seiner Beantwortung bestätigte Stadtrat Kuhn, dass sein Amt ein Prüfverfahren eingeleitet habe. Dabei würde „immer eine Verkehrswertermittlung durchgeführt. Im vorliegenden Fall war es dem Fachbereich Vermessung personell nicht möglich, die Verkehrswertermittlung innerhalb der Ausübungsfrist durchzuführen.“ [1]Ein Amtshilfeersuchen bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sei abschlägig beschieden worden. Auch ein angefragter freier Gutachter konnte innerhalb der erforderlichen Frist kein Verkehrswertgutachten erstellen.

Ohne Möglichkeit zum Vorkauf keine Abwendungsvereinbarung

Doch es kommt noch dicker. Dem Erwerber wurde keine Abwendungsvereinbarung angeboten.“ Warum nicht? „Da die Ermittlung des Verkehrswertes (der u. a. erforderlich ist, für die Prüfung des Ankaufs durch einen möglichen Dritten) nicht möglich war, konnte ein Dritter nicht angefragt werden. Der Abschluss einer sog. Abwendungsvereinbarung war dadurch rechtlich nicht möglich.“[2]

Kein Verkehrswertgutachten – keine Ankaufsprüfung – keine Abwendungsvereinbarung. Pankow-Logik: Wenn man mangels Gutachten gar nicht ankaufen könnte, dann kann man den Vorkauf auch nicht mittels einer Vereinbarung abwenden.

Das ist eine Überlastungsanzeige des Pankower Stadtentwicklungsamtes in Sachen sozialer Wohnungspolitik. Denn der Fall Prenzlauer Allee 43 ist kein Einzelfall, sondern offenbar Pankower Standard. Und dies war schon lange vor Covid-19 so.

Paul-Robeson-Straße 38 – dito

Der gleiche Vorgang spielte sich um die Jahreswende mit dem Haus Paul-Robeson-Straße 38 / Schönfließer Straße 13 ab. Hier stellte die Aramid Immobilien GmbH Ende November 2019 einen Antrag auf ein Negativzeugnis zur Realisierung das Kaufes, wie das Bezirksamt auf Nachfrage von Mietern im März 2020 mitteilte. Und dann haargenau die gleiche Erklärung: Aus personellen Gründen sei es dem Vermessungsamt der Bezirks nicht möglich gewesen, im Rahmen der Ausübungsfrist ein Verkehrswertgutachten zu erstellen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen konnte keine Amtshilfe leisten und ein angefragter externer Gutachter hätte abgesagt. Und die logische Folge dieses Amts-Nichthandeln auch hier: Es gibt auch keinerlei Mieterschutz in Form einer Abwendungsvereinbarung.[3]

Das erste Opfer dieses Amtsversagen könnte das Geburtshaus Maja werden. Das Geburtshaus Maja besteht schon seit 1992. Der Mietvertrag läuft Ende des Jahres aus. Auf Bemühungen der Gesellschafterinnen, eine Verlängerung zu vereinbaren, reagiert die Aramid Stiftung nicht.

[1] Antwort auf Kleine Anfrage des Bezirksverordneten Marc Lenkeit (SPD), 0769/VIII, 05.03.2020

[2] ebenda

[3] So BzStR Vollrad Kuhn in einem Schreiben des Stadtentwicklungsamtes an Mieter im März 2020

Koord/15.06.2020