Seit dem 01. Mai 2014 bedarf jeder länger als drei Monate andauernde Leerstand einer Berliner Wohnung einer behördlichen Genehmigung. Gibt es eine solche Genehmigung nicht, ist der Leerstand illegal, gesetzeswidrig und erfüllt somit den Tatbestand einer Zweckentfremdung. Wird ein nicht genehmigter Leerstand den zuständigen Behörden bekannt, müssen sie tätig werden, das heißt, Bußgelder verhängen, ein Amtsverfahren einleiten, und in ganz dreisten Fällen einen sogenannten Treuhänder einsetzten, der gegebenenfalls eine Ersatzvornahme durchführen kann, um den leerstehenden Wohnraum wieder den Wohnzwecken zuzuführen. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es aber oft ganz anders aus.

Mitten im Prenzlauer Berg, in unmittelbarer Nähe zu Helmholzplatz. 26 Wohnungen, 4 gemeldete Personen, darunter auch der Eigentümer des Hauses. Bereits im Jahr 2016 wurde vom Bezirksamt Pankow ein Amtsverfahren wegen des ungenehmigten Leerstands eingeleitet. Ein Jahr später, im August 2017 hat sich das Bezirksamt Pankow an den Eigentümer gewandt und auf die Möglichkeit entsprechender Zwangsmittel hingewiesen. Drei Jahre später ist das Bezirksamt Pankow da ein ganzes Stück weiter. Im Februar 2020 wurde eine sogenannte Rückführungsanordnung an den Eigentümer versandt. Das Bezirksamt drohte mit Zwangsgeld, der Eigentümer legte dagegen Widerspruch ein.
Also, wir haben seit mindestens 5 Jahren einen rechnerischen Leerstand von 22 Wohnungen, es wurden keine Bauanträge gestellt, der Eigentümer bestreitet sogar, dass es einen Leerstand im Hause gibt. Es erinnert an eine Katz und Maus Spiel. Der Eigentümer ist zwar im Haus gemeldet, antwortet aber nicht auf die Briefe des Bezirksamtes. Zwischenzeitlich hat sogar die vom Eigentümer beauftragte Anwaltskanzlei den Betrieb eingestellt. Zwangsgeld wurde zwar verhängt, aber nicht vollstreckt. Das Bezirksamt Pankow bestätigt zwar, dass es sich bei dieser Immobiler um eine Entziehungsabsicht handelt, greift aber nicht durch.

Seit über 30 Jahren steht das Haus im sogenannten „Komponistenviertel“ in der Meyerbeer Str. 78, Ecke Smetana Str. 23 komplett leer. Mehrere Anträge, die das Bezirksamt Pankow auffordern etwas dagegen zu unternehmen, dutzend Kleine Anfragen, in denen sich Bezirksverordnete unterschiedlichster Parteien nach dem aktuellen Stand erkundigen, im April 2020 wurde sogar ein Treuhänder eingesetzt, ein einmaliger Vorgang. Der Treuhänder sollte dafür sorgen, dass das Haus instandgesetzt und die Wohnungen wieder vermietet werden. Pankow ist zwar bis dato der erste und bisher einzige Bezirk, dem eine Beschlagnahme nach dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz geglückt ist, aber viel genützt hat es trotzdem nicht.

Die Hoffnung, dass der Leerstand in diesem unter Denkmalschutz stehenden, inzwischen heruntergekommenen Haus in absehbarer Zeit beseitigt wird, ist gleich null. Bekannt ist der Leerstand dem Amt angeblich seit 2019. Nach Bekanntwerden wurde ein Amtsverfahren wegen ungenehmigten Leerstandes eingeleitet. Der Bauantrag vom 16.12.2019 wurde bisher noch nicht beschieden, wann dies erfolgen wird, ist auch nicht bekannt. Es wurden auch keine Leerstandesgenehmigungen für das Haus erteilt worden, weil der Eigentümer trotz entsprechender Hinweise des Amtes keine Anträge stellte. Seit 2019 wurden fünf Kleine Anfragen zum Thema Leerstand in der Woelkpromenade 7 gestellt. Genützt hat es offensichtlich überhaupt nicht.
Leerstand in der Berliner Straße 42 Ecke Maximilanstraße ist dem Bezirksamt Pankow seit 2012 bekannt. Unternommen wurde seitens des Bezirksamtes trotzdem nichts. Jetzt ist das Eckhaus abgerissen. Die Immobilie wurde lange Zeit von der Berliner Immobilienmanagement verwaltet, da es sich um ein landeseigenes Gebäude handelte, bis es schließlich 2016 an die „Albert Schweitzer Stiftung – Wohnen und Betreuen“ verkauft wurde. Ende 2020 wurde das frühere Stadtambulatorium abgerissen, aber dort werden keine neuen Eigentumswohnungen, sondern ein Gebäude für Menschen mit Assistenzbedarf entstehen. Die Baugenehmigung wurde Mitte 2020 beantragt, ist bis dato aber noch nicht erteilt worden. Aber man kann ja schon vorsorglich abreißen. Warum ein Umbau nicht möglich war, oder an welchen planungsrechtlichen Vorgaben das Projekt scheiterte kann man nur spekulieren, bestimmt spielten vor allem die wirtschaftlichen Aspekte eine wichtige Rolle. Aber, fast ein Jahrzehnt lang eine Immobile leer stehen lassen und dann abreisen, ohne, dass das Neubauprojekt überhaupt genehmigt wird, ist ein starkes Stück.

Fazit.
Alle reden vom Wohnraummangel, manche sogar von Wohnungsnot, – dabei stehen de facto hunderttausende Wohnungen in Deutschland leer. Laut dem Berliner Mieterverein stehen schätzungsweise etwa 100 Wohnhäuser in ganz Berlin leer. Tausende Wohnungen, die vermietet werden könnten, die für Tausende Mieterinnen, Ihre Kinder und Enkelkinder ein neues Zuhause werden könnten, stehen im besten Fall leer, im schlimmsten Fall vergammeln sie vor sich hin. Die Ursache für den Leerstand ist oft spekulativer Natur. Viele Eigentümerinnen in Berlin, die ihre Häuser leer stehen lassen, spekulieren mit jedem Jahr auf höhere Mieten bzw. höhere Kaufpreise. Doch was lässt sich dagegen tun? Da, wo der Wohnraum knapp ist, sollten Kommunen den Eigentümerinnen konsequent untersagen, ihre Wohnungen über einen längeren Zeitraum leerstehend zu lassen. Nutzung von Leerstand ist oft sinnvoller und nachhaltiger als Forcierung von Neubau. Im Mittelpunkt sollte dabei die zielgerichtete Sanierung und von Bestandsimmobilien stehen, durch die beide Seiten – MieterInnen wie EigentümerInnen – profitieren. Auf der einen Seite kommen MieterInnen so in den Genuss von günstigeren Mieten, die weit unter denen von Neubauten liegen. Andererseits können die EigentümerInnen mit kleineren Investitionen wieder stabile Mieteinnahmen erwirtschaften.
Wir rufen die Pankower Bürgerinnen dazu auf, den Leerstand an das Wohnungsamt zu melden. Versucht auch die Bezirksverordneten dazu zu bewegen, bei dem Amt nachzufragen. Stellt selbst Einwohnerfragen zum Leerstand bei der Bezirksverordnetenversammlung Pankow. Wenn ihr als Mieterinnen in einem Wohnhaus in dem ein jahrelanger Leerstand herrscht wohnt, kontaktiert uns, wir werden euch nach Kräften und Möglichkeiten unterstützen. Solidarität und Öffentlichkeit sind unsere stärksten Waffen.